Innovation
| Robert Daubner |
31 März 2022
Auf der eTail Germany in Berlin Mitte März gab es im Panel zum Thema „frictionless experience between retailers and brands“ mit Vertretern von Puma, s.Oliver und Kellogg‘s zwei Hauptaspekte zwischen Handel und Marken, die wir diskutiert haben:
- Wie können Händler durch besseren Service gleichzeitig für Endkunden und die Marken attraktiver werden?
- Wie kann der Content, der von den Markenherstellern kommt, individuell und lokal so aufbereitet werden, dass Mehrwerte für die Konsumenten entstehen?
UNTERSCHEIDUNGSMERKMAL SERVICE IM E-COMMERCE
Die Endkunden stehen für die großen Marken wie auch die Retailer natürlich im Mittelpunkt. Konsumenten werden den Händler oder Dienstleister wählen, der die individuellen Bedürfnisse am besten vor Ort erfüllt. Für die Marken wiederum ist wichtig, welche Services der Händler der Marke bieten kann, um aus der Masse herauszuragen.
Händler müssen sich somit überlegen, wie sie ihre Kunden ansprechen, damit diese ihm möglichst viele Daten geben, um diesem zu helfen, für die Marken attraktiv zu sein. Dafür benötigen sie also große Mengen an Kundendaten, aber auch die Fähigkeiten und Expertise, diese zu interpretieren und nutzbar zu machen. Durch Loyalty-Services und die Integration von stationärem und Online-Handel können die Retailer weitere Services zur Verbesserung der Kundenbindung anbieten. Die Kunden fragen sich aber oft, ob sie die neunte virtuelle Kundenkarte nun wirklich benötigen.
Direkten Zugriff zu Kundendaten – und somit die Möglichkeit, die Kundenbeziehung selbst zu optimieren – bieten IoT-Geräte, Smart Devices oder neuerdings AR-getriebene Apps, die eine Verbindung zwischen Marke und Händler vor Ort herstellen können. Die Online-Marktplätze der Marken und die der Retailer können so miteinander verknüpft werden, dass echte Mehrwerte für die Kunden entstehen. Mit spielerischen Elementen in einer App, wie dem Entdecken von lokalen Angeboten oder der Integration von lokalen Experten, die Bewertungen und Empfehlungen abgeben über Google Local und soziale Netzwerke, kann der stationäre Handel seine Position stärken.
Eine wirklich durchdachte Omnichannel-Lösung vereint heute also verschiedene Dienste von Marken, Retailern und Plattformen und sollte den Konsumenten wirklich helfen, die richtige Kaufentscheidung zu treffen.
DIGITALE CONTENT-LIEFERKETTEN FÜR EIN KONSISTENTES MARKENERLEBNIS
Wir alle wissen inzwischen, wie wichtig es ist, die Konsumenten auf allen Kanälen mit interessantem Content zu versorgen. Storytelling und Emotionen werden großgeschrieben. Die Marketing-Abteilungen und Agenturen der Marken bewegen riesige Etats, um den Konsumenten zum richtigen Zeitpunkt (z. B. Google Search, Social Media) am richtigen Ort (oft die Produkt-Landingpage) eine überzeugende Story zum Produkt anzubieten.
Aufgeladen mit positiven Emotionen werden die meisten Konsumenten dann oft an zwei Stellen enttäuscht: Auf der abschließenden Produktseite im Onlineshop der Marke findet sich nichts mehr von der Story, sondern nur langweilige Inhalte aus den irgendwann von irgendwem erstellten Daten im PIM-(Product Information Management)-System des Unternehmens. Bei Amazon ist der Kunde dann ähnlich enttäuscht und zudem weiß er oft nicht wirklich sicher, ob das Produkt „echt“ ist. Geht er dann über Google zum lokalen Retailer, wird er im Laden erst feststellen, ob das Produkt da ist. Die Frustration ist groß, weil die positiven Emotionen hochgefahren werden, nur um dann in Enttäuschung umzuschlagen. Eine Negativspirale entsteht, weil die Kunden sich sowas merken und dann auch via Rezensionen und Bewertungen weitergeben.
Technisch bedeutet das, dass Marken und Retailer endlich einmal die ganze „Content-Lieferkette“ durchdenken und neu aufrollen müssen. Dabei muss man zunächst die Prozesse wirklich neu denken und verknüpfen. Marken müssen auf Seiten von Produktentwicklung und Marketing zunächst ihre Systeme für PIM und DAM (Digital Asset Management), Content-Management-Systeme für Website und Shop sowie die Social-Media-Kanäle so miteinander verbinden, dass ein wirklich interaktives System entsteht. Das, was ich dem Konsumenten verkaufen will, muss schon im PIM angelegt sein und sich auch verändern lassen. Retailer sollten lokal angepasste Daten der Produkte bekommen, damit diese die Konsumenten vor Ort nicht enttäuschen. Ein fester Datensatz für ein Produkt, der digital von System zu System ohne Veränderung weitergegeben wird, ist ein echter Umsatzkiller!
Was also tun? Eine gut durchdachte Content-Lieferkette der Marke für verschiedene Retailer-Gruppen – auch und gerade mehrsprachig und international – unter Einbeziehung aller Content-Akteure, wie Produktmanager, Marketing, Agenturen und Influencer, ist Schritt eins. Flankiert wird diese durch Neuordnung und Ergänzung der miteinander kommunizierenden IT-Systeme in Schritt zwei. Koordiniert wird das gesamte System durch eine Redaktion der Marke, die den E-Commerce-Funnel beherrscht und die Gesamtverantwortung für den Content hat, die sogenannte „Content Factory“. Diese koordiniert den Content-Flow wiederum mit entsprechenden Verantwortlichen der Retailer, die dann vor Ort optimieren und Erfahrungen zurückgeben.
Alle Elemente dieser Content-Lieferkette sind in der Regel bereits vorhanden, nur kommunizieren bislang meist weder die Systeme noch die handelnden Personen sinnvoll miteinander. Mit einer guten Content-Lieferkette können die Umsätze und die Konsumentenzufriedenheit deutlich gesteigert werden.
FAZIT: DIE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN MARKEN UND RETAILERN NEU DENKEN
Der Retailer kann seine Assets nur ausspielen, wenn er den Marken Mehrwerte durch seinen Service bietet. Die Assets sind: lokale Information über Kundenverhalten und Kundenmeinungen. Beide Partner müssen sich überlegen, wie diese Daten im Konsens mit den Konsumenten sinnvoll und gewinnbringend erzeugt werden können. Kooperationen auf Ebene von App-basierten Lösungen mit gutem Entertainment für die Konsumenten funktionieren oft besser als die nächste Loyalty-Karte.
Keine künstliche Intelligenz kann heute schon die Probleme von Erstellung und Übergabe von gutem Content in der Systemlandschaft zwischen Marken und Retailern lösen. Die beiderseitig hybriden Software-Systeme und Content-Prozesse können aber neu sortiert und besser koordiniert werden. Eine Content Factory sollte diese Aufgabe übernehmen und den eigenen Markenauftritt, Retailer und Plattformen wie Amazon mit konsistent herausragenden Inhalten versorgen, IT-Systeme smart verzahnen und die Arbeit der beteiligten Content-Akteure wie Agenturen koordinieren – lokal genauso wie international.
Robert Daubner
E-COMMERCE EVANGELIST
Robert ist ein passionierter digitaler Entdecker und Innovationsfan. Seit über 20 Jahren befasst er sich mit digitalen Geschäftsmodellen aus allen Bereichen des Handels und der Industrie, um diese stetig zu verbessern und so Wachstum für seine Kunden zu generieren. Nach ersten Innovationen im Retail-Banking leitete er als CEO mehrere Unternehmen, Joint Ventures und Public-Private Partnerships im B2C- und B2G-Geschäft. Als Berater half er bei der digitalen Transformation internationaler börsennotierter und mittelständischer Unternehmen im B2B-Bereich. Das Digital Customer Experience Management, wie wir es heute kennen, wurde in den letzten Jahren im Wesentlichen von Robert geprägt. Das Ergründen von Kundenwünschen und wie diese im Post-Covid-E-Commerce nachhaltig bedient werden können ist derzeit seine größte Passion. Abseits des beruflichen Alltags entdeckt Robert gern Europa mit einem schönen alten VW Bus und fährt mit dem Rad gern die Berge rauf und runter.ALLE KATEGORIEN
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